Inhalt der ZEE 1/2006


Ultraschalltherapie bei Sehnenansatzreizungen am Beispiel der Epicondylitis lateralis humeri

Ein klinischer Fallbericht
Autor: Bossert, Frank-P.
Klinik: Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf, Institut für Physiotherapie
Adresse: Kirchfeldstr. 40, 40217 Düsseldorf
E-Mail: klick hier

Fragestellung:
Kann die differenzialtherapeutisch abgeklärte Epicondylitis lateralis humeri mit Elektrotherapie kausal behandelt werden? Ist die Ultraschall-Therapie, das Ultraschall-Simultanverfahren und folgenden Querfriktionsmassagen nach Cyriax mit Dehnungen der Unterarmextensoren die konservative Methode der Wahl?

Methodik:
35 Patienten wurden durch die Unfallchirurgie des EVK Düsseldorf für die Ultraschall-Behandlung dem Institut für Physiotherapie zugewiesen. Die Ultraschall-Therapie erfolgte mit dem Sonostat 833; das Ultraschall-Simultanverfahren durch den Sonodynator 834. Vor und nach Ende der Behandlung wurde eine Anamnese erhoben und deren Angaben quantifiziert.

Ergebnisse:

  1. 4 Patienten brachen die Therapie ab. Von den verbleibenden 31 Patienten berichten 6 von keiner Besserung. Sie galten als therapieresistent und unterzogen sich der Operation nach HOHMANN. 7 Patienten berichten von einer leichten Besserung. 17 Patienten gaben eine Beschwerdefreiheit an, in einem Fall fehlt die Angabe.
  2. Patienten mit leichter oder deutlicher subjetiver Besserung hatten ebenso eine objektive höhere Reduktion der Schmerzausprägung analog der Borg-Skala.
  3. Das beste Ergebnis wurde mit der Kombinationstherapie Ultraschall-Simultanverfahren, Querfriktionen nach Cyriax und den Dehnungen der Unterarmextensoren erzielt.
Schlussfolgerung:
Eine konservative Behandlung der lateralen Epicondylitis mit den Maßnahmen und Techniken der Physiotherapie resp. dem Ultraschall, dem Ultraschall-Simultanverfahren und der Querfriktion nach Cyriax, zeigen eine effektive konservative Behandlungsmethode auf. Weitere klinische Untersuchungen sowie Langzeitergebnisse sollen den Effekt der Behandlung objektivieren.

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Elektrotherapie bei Herzschrittmacherpatienten

Von Prof. Dr. med. Eduard David und Dr. med. Jörg Reißenweber,
Zentrum für Elektropathologie der Universität Witten/Herdecke, Stockumer Straße 28, 58453 Witten

Die medizinische Wissenschaft hat in den letzten 100 Jahren enorme Errungenschaften und damit Erleichterungen im täglichen Leben gebracht. Besonders nach dem 2. Weltkrieg hat diese Entwicklung durch die Produktion elektrischer und elektronischer Geräte im Rahmen der medizinischen Betreuung von Patienten einen hohen Entwicklungsstand erreicht. Als ein Meilenstein ist hier die Entwicklung implantierbarer Herschrittmacher zu nennen, die in den letzten 30 Jahren hinsichtlich ihrer Ausstattung deutlich verbessert wurden, so daß heute für viele Herzerkrankungen, etwa Herzrhythmusstörungen aller Art, spezielle Geräte zur Verfügung stehen. An zweiter Stelle stehen Implantate, wie Insulinpumpen oder Medikamentenpumpen. Solche Implantate besitzen naturgemäß hochsensible elektrische und elektronische Schaltungen, die gegenüber äußeren elektrischen und magnetischen Feldern ab einer bestimmten Feldstärke mit einer Störbeeinflussung und somit Fehlfunktion reagieren können. Die Hersteller solcher Implantate haben bei der Entwicklung an solche Phänomene gedacht und spezielle Filter eingebaut, wie etwa den 50-Hz-Filter, um hier möglichen Störungsursachen von vornherein zu begegnen. Dennoch stellt sich gerade bei der Entwicklung neuer Technologien für den Haushalt oder Arbeitsplatz oder im Bereich elektromedizinischer Verfahren die Frage, ob und gegebenfalls wie stark bisher unbekannte Feldeinwirkungen (etwa neue Modulationen, amplitudenmodulierte Felder, gepulste Felder, höhere magnetische Flußdichten oder höhere elektrische Feldstärken, bisher nichtgenutzte Frequenzen usw.) mit den elektronischen Schaltelementen der Implantate derart in Interaktion treten können, dass eine Fehlfunktion resultieren kann. Ein Beispiel für eine solche neue Technologie ist die Entwicklung von neuen elektromedizinischen Stimulationsmustern. Denn die von Elektrotherapiegeräten ausgehenden elektrischen Feldstärken oder magnetischen Flußdichten sind nicht unerheblich. Aus diesem Grunde wurde an der Universität Witten/Herdecke ein spezielles Versuchsprogramm durchgeführt Da die im Rahmen elektromedizinischer Verfahren auftretenden elektrischen und magnetischen Felder den von handelsüblichen Induktionskochfeldern ausgehenden Feldern ähneln, führten wir unsere Versuche an letzteren durch.

Eine theoretisch mögliche Störbeeinflussung von Herzschrittmachern durch elektrische und magnetische Felder, wie sie im Rahmen elektromedizinischer und elektrotherapeutischer Verfahren entstehen, wurde bisher von den Medien kaum thematisiert. Es war deshalb unsere Absicht, die aufgrund theoretischer Überlegungen, sowie der in einigen Fällen relativ hohen abgestrahlten Energie nicht auszuschließende Störung implantierter Herzschrittmacher durch den Betrieb von Elektrotherapiegeräten zu untersuchen:

In den Experimenten wurden mit einem Spektrumanalysator die in einem Schrittmacher-Dummy induzierten Störsignale gemessen.
In einem zweiten Experiment wurden Patienten mit implantierten Herzschrittmachern unter fortlaufender EKG-Registrierung untersucht.
Bei den Experimenten wurden im Schrittmacher-Dummy Störsignale mit einer maximalen Amplitude von 40 mV induziert. Die Frequenzanalyse ergab für 1 Hz keine relevanten Impulsanteile. Das im Schrittmacherdummy befindliche Schrittmacheraggregat wurde auf maximale Eingangsempfindlichkeit von 0,5 mV und eine Interventionsfrequenz von 50 pro Minute programmiert. Das in den Schrittmacherdummy induzierte Störsignal führte in keinem Fall zu einer Inhibierung des Aggregates.

Bei der klinischen Untersuchung wurden die Schrittmacher-Patienten zunächst bei Normalprogrammierung mit dem Oberkörper an Generatoren herangeführt, dann noch einmal nach Umprogrammieren der Schrittmacher auf unipolare Betriebsweise und maximale Eingangsempfindlichkeit. In keinem Fall konnten wir eine Störung eines implantierten Schrittmachers erkennen. Die Auswertung der fortlaufend registrierten EKGs wurde hinschtlich objektiver und subjektiver Veränderungen durchgeführt.

Im Vortrag wird im Detail auf die durchgeführten Versuche eingegangen werden. Außerdem wird auf die Physiologie der Erregungsmechanismen an biologischen erregbaren und nichterregbaren Membranen eingegangen werden. Die verschiedenen in der Elektrotherapie eingesetzten Methoden – wie etwa die Galvanisation, die Faradisation, die Hochvolttherapie, der mittelfrequente Interferenzstrom oder die Mikrowelle werden in ihrer Wirkung auf den Herzschrittmacher und seinen Träger, den Patienten, theoretisch diskutiert. Dabei wollen wir uns auf die klassischen Therapieformen beschränken und die Einflüsse durch z. B. Bioresonanz, Akupunktur und Low-Energy-Magnetfeld-Therapie einer späteren Diskussion überlassen.

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Bewertung des schmerzlindernden Effekts von TENS in Verbindung mit Kryotherapie

Von Birgit Dürr

Ziel:
Nachweis des schmerzlindernden Effekts durch gleichzeitige Anwendung von TENS und Kryotherapie während einer physiotherapeutischen Behandlung. Nachweis des schmerzlindernden Effekts durch gleichzeitige Anwendung von TENS und Kryotherapie während einer physiotherapeutischen Behandlung.

Methode:
21 Patienten im Alter zwischen 40 und 60 Jahren mit symptomatischen Kniebeschwerden wurden willkürlich in einer von drei Gruppen eingeteilt. Gruppe I wurde mit TENS 50 Minuten lang am Kniegelenk behandelt. Gruppe II wurde am Kniegelenk mit Kryotherapie 20 Minuten lang behandelt und Gruppe III wurde mit denselben TENS-Parametern wie Gruppe I behandelt, wobei in den letzten 20 Minuten die Kryotherapie zusätzlich angewendet wurde. Der Schmerz wurde durch den ins Portugiesische übersetzte McGill Schmerzfragebogen vor und nach der Behandlung beurteilt.

Ergebnisse:
Schmerzlinderung wurde bei allen 21 Patienten erreicht. Beim Vergleich zwischen Gruppe I und II war die Schmerzlinderung sehr ähnlich, dabei war sie in Gruppe III signifikant größer.

Schlussfolgerung:
Die kombinierte Behandlung mit TENS und Kryotherapie ergab eine größere Schmerzlinderung im Kniegelenk im Vergleich zu dem isolierten Gebrauch von TENS und Kryotherapie.

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MPS bei Parkinson-Syndrom

A. E. Henneberg, Scheffelstr. 31, 60318 Frankfurt

Das idiopathische Parkinson-Syndrom gehört zu den häufigsten chronischen Abbauerkrankungen des zentralen Nervensystems (Prävalenz in Deutschland 350.000), dessen Ursache immer noch nicht geklärt ist und das deshalb symptomatisch behandelt wird.

Allerdings führen die späteren Stadien der Erkrankung zu einem ungleich schwereren Krankheitsbild der Patienten durch unvorhersehbare Fluktuationen der Beweglichkeit mit bizarren, zum Teil schmerzhaften Überbewegungen und plötzlich einsetzender völliger Bewegungslosigkeit (Akinese) und hierdurch zu einem hohen Aufwand pharmakologischer, neurochirurgischer, physiotherpeutischer und pflegerischer Kosten (Henneberg, 1999; Dodel et al., 1998; Henneberg und Henneberg, 2000). Aus diesem Grund erscheint es wünschenswert, frühzeitig mit Zusatzmaßnahmen aus dem kostengünstigen Therapiebereich den Krankheitsverlauf abzubremsen und die Krankheit somit möglichst lange in der für den Patienten erträglichen ersten Phase zu halten. Zu diesen Therapiemöglichkeiten gehört bislang die individuelle Physikalische Therapie mit Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage, Logopädie und Ergotherapie (Übersicht in Henneberg, 1998), jedoch sind auch weitere Maßnahmen aufgezeigt worden.

1991 beschrieben Anninos et al. erstmals eine Möglichkeit, neurologische Krankheiten neben herkömmlicher Therapie mit gepulster Magnetfeldstimulation aus dem PicoTesla-Bereich in ihrer Symptomatik günstig zu beeinflussen. Dieser Publikation folgten zahlreiche Einzelfallberichte des ehemaligen CoAutors R.Sandyk (1994, 1995 a-c, 1996 a-c, 1997), der hierin die positive Auswirkung der MPS-Methode (Magnetpulsstimulation) auf Einzelsymptome der Parkinson-Krankheit wie schlurfendes Gangbild, Freezing, veränderte Handschrift etc. darlegte. Sandyk betreibt mit dieser Methode eine Privatarztpraxis im Staat New York und hat hierauf ein U.S.-Patent angemeldet, blieb aber bislang den Beweis der Wirksamkeit der Methode im Doppelblindversuch und in der Langzeitstudie schuldig.

Mit einer von Rembold Ultraschall hergestellten MPS-Therapieeinheit wurden von uns deshalb in den Jahren 1996 - 1998 in einer offenen Therapiestudie in der Parkinsonklinik Bad Nauheim mehr als 200 Patienten behandelt. Hierbei wurden in einer Sitzung pro Woche über 30 Minuten im 5 Hz-Bereich PicoTesla-Magnetfelder über der Schädelkalotte der Patienten mittels einer Kupferdrahtspule appliziert, 15 Minuten Pause, dann erneut 15 Minuten Therapie. Nachdem sich eine Besserung in der Unified Parkinson´s Disease Rating Scale (UPDRS) um 31% bei den Patienten im Vergleich nach gegenüber vor Therapie eingestellt hatte (Henneberg et al., 2000; vgl. auch Dissertation Dr. Irma Schöll, Universität Ulm, 2002), wurde bei der Ethikkommission der Landesärztekammer Hessen ein Antrag auf Durchführung einer Crossover-Doppelblind-Studie mit 50 Patienten gestellt bei der demnach jeder Patient seine eigene Kontrolle darstellte.

Behandelt wurde 1 x pro Woche für 2 Wochen mit Haube 1, für 2 Wochen mit Haube 2 randomisiert. Als Ausschlußkriterien wurde eine Epilepsie-Anamnese aufgrund des Auftretens von Polyspike-Wave-Komplexen bei 7 Patienten im EEG unter Photostimulation nach MPS-Therapie angegeben (Henneberg et al., 1999 a und b, 2000).

Die Ergebnisse wurden von der Biomathematischen Abteilung der Universität Ulm (Leiter Dr. Gaus) im Rahmen der Dissertation von Frau Maike Thode supervidiert und in der Gruppe 1 (erst Verum, dann Placebo) wurde eine signifikante Besserung in der Verum- gegenüber Placebotherapie, in der Gruppe 2 (erst Placebo, dann Verum) ein Trend zur Besserung unter Verum gesehen (vorgestellt als Posterbeitrag DGN 2000). Als einzige Nebenwirkung trat bei einer 80-jährigen Patientin nach Stimulation ein generalisierter Krampfanfall auf - sie hatte eine frühere Absence-Epilepsie im Jugendalter aufgrund der Ausschlußkriterien verheimlicht.

Die zwischenzeitlich gegründete MPS-Kommission forderte daraufhin zur Wirksamkeitssicherung der Therapie die Durchführung einer Multi-Centre-Doppelblind-Langzeitstudie mit Pause zwischen Therapie 1 und Therapie 2 von 1 Monat („“Wash-out“).

Diese Studie soll gleichzeitig mit darüber entscheiden, ob diese Therapie auch bei Einbeziehung mehrerer Zentren eine Wirksamkeit im Doppelblind-Crossover-Setting zeigt.

Literatur

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Transkranielle Galvanisation (tDCS) und periphere Stimulation: eine alte neue Methode zur Förderung der motorischen Rehabilitation nach Schlaganfall

S. Hesse (1), C. Werner (1), E. M. Schonhardt (1), A. Bardeleben (1), W. Jenrich (2)

(1) Klinik Berlin, Abt. Neurologische Rehabilitation, Charité - Universitätsmedizin Berlin
(2) Klinikum Ernst von Bergmann, Abt. Physikalische Medizin und Rehabilitation, Potsdam

Korrespondenz: Stefan Hesse, MD, Klinik Berlin, Kladower Damm 223, 14089 Berlin; Tel: ++49-30-36503-105; Fax: -123; E-mail

In der motorischen Rehabilitation nach Schlaganfall hat sich ein aufgabenspezifisch repetitives Vorgehen durchgesetzt; es zielt auf einen möglichst häufigen Einsatz der betroffenen Extremitäten im funktionellen Kontext, um so über den mit der Bewegung verbundenen afferenten Einstrom plastische Umbauvorgänge im Gehirn und Rückenmark zu induzieren. Es stellt sich nunmehr die Frage, ob eine zeitlich gekoppelte zentrale Stimulation diese Umbauvorgänge weiter fördern könnte. Tierexperimentell gibt es Hinweise, dass die zeitgleiche periphere und zentrale Stimulation sog. LTP-Phänomene steigern konnte. (1) Klinisch kommen drei Modalitäten der zentralen Stimulation in Frage: die sub-, epidurale Stimulation, deren Anlage eine Operation erfordert, die repetitive transkranielle Stimulation und eben die tDCS. Für letztere sprechen vorderhand minimale Kosten, geringe Beeinträchtigung des Patienten und eben die Historie. Erinnert sei u.a. an Anwendungen in der Schmerztherapie, der Psychiatrie zur Behandlung der Depression vor allem in der UDSSR, und eben die Arbeiten von Erb gegen Ende des 19. Jahrhunderst. Er berichtete in seiner Monographie über die erfolgreiche Kombination der transkraniellen Galvanisation und der Faradisation der Extremitätenmuskulatur bei einzelnen chronisch hemiparetischen Patienten (2).

Nach langer Zeit der Ruhe wiedererweckten Nitsche und Paulus, Göttingen, das Interesse an der tDCS in der neurologischen Rehabilitation (3). Sie berichteten, dass eine anodale (kathodale) Stimulation des motorischen Kortex die Antwort auf einen nachfolgenden transkraniellen Magnetreiz erhöhte (senkte), sprich fazilitierte bzw. inhibierte. Für chronische Schlaganfallpatienten berichteten nachfolgend Hummel et al, dass die einmalige tDCS die motorische Funktion der oberen Extremität verbesserte (4).

Unsere Arbeitsgruppe untersuchte in einer Pilotstudie 10 hemiparetische Patienten, deren erstmaliger ischämischer Schlaganfall 4 bis 8 Wochen zurücklag (5). Sie alle litten unter einer hochgradigen Armparese. Ausschlusskriterien waren u.a. eine Epilepsie in der Anamnese, ein anfallssuspektes EEG und eine vorbekannte Psychose. In Anlehnung an das Protokoll von Nitsche et al. wurde der motorische Kortex der betroffenen Hemisphäre anodal stimuliert, die Kathode war kontralateral oberhalb der Orbita (35 cm2, Intensität 1,5 mA). Unmittelbar im Anschluss an eine 7-minütige Stimulation übten die Patienten für weitere 20 min mit computergestützten Armtrainer Bi-Manu-Track (AT). Dieses Protokoll einer 7 min tDCS + 20 min AT erfolgte jeden Werktag über 6 Wochen, d.h. 30mal. Abhängige Variable war u.a. der Fugl-Meyer Index zur Beurteilung der motorischen Kontrolle der oberen Extremität (FM, 0-66).

Vier Patienten berichteten über ein unangenehmes Prickeln der Kopfhaut in den ersten Sitzungen, und zwei Patienten über transiente Kopfschmerzen. Weitere Nebenwirkungen traten nicht auf, EEG-Kontrollen zeigten keine Zeichen erhöhter cerebraler Erregbarkeit. Der FM verbesserte sich signifikant, von initial 7,2 (±3,1) auf 18,2 (±17,2) Punkte. Drei Patienten erzielten ein sehr gutes Ergebnis, sie steigerten ihren FM von 6 auf 28, von 10 auf 49 und von 11 auf 48. Sie waren nach der Intervention in der Lage, ihre Hand funktionell einzusetzen. Diese Verbesserungen waren unerwartet und übertraf jene, die unter alleiniger Therapie mit dem AT in einer vorangegangenen Studie beobachtet worden waren. Noch interessant die Beobachtung, dass vier von 5 Patienten, die aphasisch gewesen waren , sich in einzelnen Untertests des AAT signifikant verbessert hatten.

Zusammenfassend traten keine relevanten NW auf und drei von zehn Patienten konnten ihre motorische Kontrolle unerwartet gut steigern. Die Ergebnisse der Pilotstudie eröffneten viele Spekulationen des wie und warum, nächster Schritt unserer Gruppe ist eine kontrollierte Studie, in der die tDCS gegen eine Scheintherapie verglichen werden soll. US-amerikanische Kollegen planen eine vergleichbare Studie.

Literatur

  1. D.L. Adkins-Muir, T.A. Jones. Cortical electrical stimulation combined with rehabilitative training: enhanced functional recovery and dendritic plasticity following focal cortical ischemia in rats. Neurological Research 2003;25:780-788.
  2. W. Erb. Handbuch der Elektrotherapie. F.C.W. Vogel Verlag, Leipzig, 1886.
  3. M.A. Nitsche, W. Paulus. Excitability changes induced in the human motor cortex by weak transcranial direct current stimulation. J Physiol 2000:527:633-639.
  4. F. Hummel, P. Celnik, P. Giraux, A. Floel, W.H. Wu, C. Gerloff, L.G. Cohen. Effects of non-invasive cortical stimulation on skilled motor function in chronic stroke. Brain 2005;128:490-499.
  5. Hesse S, Werner C, Schonhardt EM, Bardeleben A, Jenrich W, Kirker, SGB. Combined transcranial direct current stimulation and robot-assisted arm training in subacute stroke patients: a pilot study. Restor Neurol Rehabil, 2006, in press.
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Tiefe Hirnstimulation: Indikation und Physiotherapie während der Operation

Marion Kinkel (Physiotherapeutin)
Neurologische Klinik, Therapiezentrum, Universitätsklinik Tübingen, Hoppe-Seyler-Str. 3, 72076 Tübingen

Bei Morbus Parkinson (MP), essentiellem Tremor und Dystonien stellt die Tiefe Hirnstimulation eine operative Behandlungsmethode dar. Hierbei werden Elektroden, die durch einen Impulsgeber angesteuert werden, in tiefe Hirnregionen eingeführt. Die Aktivität der pathologisch veränderten Hirnregionen kann so dauerhaft beeinflusst werden, was zu einer deutlichen Besserung der Symptome führt..

Im Verlauf der OP ist die aktive Mitarbeit der Patienten gefordert, um eine korrekte Positionierung der Elektroden zu gewährleisten. Dabei sind die Patienten über einen Zeitraum von mehreren Stunden ohne Medikation und am Kopf fixiert. Dies führt zu starken lagebedingten Schmerzen und einer hohen psychischen Belastung. Physiotherapeutische Maßnahmen wirken der Schmerzentwicklung entgegen. Darüber hinaus erleichtert die Interaktion zwischen Physiotherapeutin und Patienten diesem die konzentrierte Mitarbeit über den gesamten Operationsverlauf hinweg..

Der aktive Beitrag des Patienten und die Unterstützung durch die Physiotherapie wirken sich positiv auf das Operationsergebnis aus. Insbesondere Bewegungsarmut, Muskelsteifigkeit, Zittern, seltener auch Haltungs- oder Gangstörungen werden durch die Stimulation in der Regel deutlich gebessert. Bei Patienten mit Essentiellem Tremor kommt es in der überwiegenden Zahl der Fälle zu einem Verschwinden oder zu einer deutlichen Besserung des Zitterns.

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Therapiefortschritt bei der Behandlung der diabetischen Polyneuropathie durch externe Muskelstimulation

Professor Dr. Stephan Martin, Deutsches Diabetes-Zentrum, Leibnitz-Institut an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Infolge des weltweiten Anstiegs der Häufigkeit des Diabetes mellitus treten in der klinischen Praxis vermehrt Patienten mit einer symptomatischen diabetischen Neuropathie auf. Eine Vielzahl von epidemiologischen Studien zeigt, dass nach fünfzehn- bis zwanzigjähriger Diabetesdauer mit einer Prävalenz diabetischer Neuropathien von 50% zu rechnen ist. Auch wenn verschiedene Formen der Neuropathie beschrieben wurden, ist die häufigste die distale symmetrische Neuropathie, die hauptsächlich die unteren Extremitäten befällt. Bei den Symptomen können Taubheitsgefühle, Brennen, Schmerzen, Parästhesien oder Muskelschwäche auftreten. Besonders belastend für Patienten ist die schmerzhafte diabetische Neuropathie, die bis zu 11% der Patienten mit Typ 1 Diabetes und 32% der Patienten mit Typ 2 Diabetes betreffen kann. Die Symptome sind auch hier sehr vielfältig, können von unangenehmen Brennen im Bereich der Füße bis hin zu einschießenden Schmerzen führen.

Die bisherigen Behandlungsmöglichkeiten umfassen medikamentöse, aber auch physikalische Maßnahmen. Im Bereich der physikalischen Maßnahmen hat sich die transcutane elek-trische Nervenstimulation (TENS) als wirksam gezeigt. Hierbei wird der Nervus peronaeus stimuliert und in prospektiven, randomisierten Studien konnte eine deutliche Wirksamkeit nachgewiesen werden. Nachfolgend wurden auch andere physikalische Maßnahmen wie percutane Nervenstimulation, Rückenmarksstimulation und Akupunktur als Therapieoption bei der diabetischen Polyneuropathie beschrieben.

Im Rahmen einer Studie zur Analyse der externen Muskelstimulation auf die metabolische Kontrolle bei Typ 2 Diabetes berichtete ein Patient, dass er eine Besserung neuropathischer Beschwerden bemerkt habe. Dazu wurde ein spezielles Muskelstimulationsverfahren eingesetzt (HI-TOP 181-H, GBO Gerätebau, Rimbach), das durch eine Frequenzmodulation zu einer sehr angenehmen Muskelstimulation führt. Eine am DDZ abgeschlossene Studie konnte die Wirksamkeit dieser Form der elektrischen Muskelstimulation bei der symptomatischen Neuropathie bestätigen. Die Besserung war im Vergleich zur TENS-Behandlung deutlich ausgeprägter: Während in der TENS-behandelten Gruppe 25% eine Besserung der Symptomatik berichteten, waren es in der Muskelstimulationsbehandlung 69% der Patienten. Die Ergebnisse werden in Kürze in der führenden Diabetes-Fachzeitschrift in Europa, Diabetologia, publiziert werden. Die Studie zur Analyse der metabolischen Kontrolle wird zur Zeit noch durchgeführt. Kürzlich konnte jedoch bereits gezeigt werden, dass mittels elektrischer Muskelstimulation die Insulinsensitivität deutlich gebessert werden konnte. Interessanterweise blieb im Vergleich zu einer Muskelaktivität mittels Fahrradergometer die Verbesserung der Insulinempfindlichkeit bei externer Muskelstimulation länger erhalten.

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Bedeutung des Qualitätsmanagements für eine moderne Elektrotherapie

Prof. Dr. med. Thomas Mokrusch, Hedon Klinik, Lingen

Die Forderung nach Qualität in der Elektrotherapie ist eines des größten Hauptanliegen all jener, die sich dieser Therapieform widmen. Um Qualität zu schaffen und zu erhalten erfordert es eine Definition des Begriffes „Qualität“. Qualität gliedert sich in die Bereiche Strukturqualität, Prozessqualität und Ergebnisqualität. Die Strukturqualität in der Elektrotherapie ist im wesentlichen geprägt von der technischen Qualität der Geräte, aber auch z.B. von den Räumlichkeiten, in denen die Therapie stattfindet. Prozessqualität ist abhängig vom Ausbildungsstandard des Therapeuten, aber durchaus auch z.B. von dessen persönlicher Motivation, und Ergebnisqualität schließlich ist abhängig von subjektiven und objektiven Messparametern zu Gesundheit und Wohlbefinden des Patienten und auch von finanztechnischen Daten der Kostenträger. Die Strukturqualität kann mit technischen Daten relativ einfach und sicher beschrieben werden, die Prozessqualität ist schon sehr viel komplexer und bezieht auch Sekundärfaktoren wie die persönliche Haltung des Therapeuten mit ein, und am umfangreichsten ist die Beschreibung der Ergebnisqualität. Hier fließen Informationen zum direkt messbaren klinischen Effekt ebenso mit ein wie z.B. auch die Kosten-Nutzen-Relation oder der gesamt-volkswirtschaftliche Nutzen, was datenmäßig bei allen in der Rehabilitation eingesetzten Therapieformen, so auch in der Elektrotherapie, am schwierigsten darzustellen ist. In den Bemühungen um Qualität sollte die Elektrotherapie Vorreiter auch für die anderen rehabilitativen Therapien sein wenn es darum geht, ihre wichtige klinische Bedeutung darzustellen.

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Gibt es Wirkungen der Elektrotherapie auf den Melatoninmetabolismus?

Dr. med. Jörg Reißenweber, Zentrum für Elektropathologie der Universität Witten/Herdecke (Leiter: Prof. Dr. med. Eduard David), Stockumer Straße 28, 58453 Witten

Vorbemerkung
Elektrotherapeutische Maßnahmen erfreuen sich großer Beliebtheit im Rahmen der Physikalischen Therapie. Deshalb verwundert es nicht, dass in der Öffentlichkeit auch die Frage gestellt wird, ob die vieldiskutierten medizinisch-biologischen Wirkungen elektrischer und magnetischer Felder im Kontext elektromedizinischer Verfahren eine Rolle spielen könnten. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die Melatonin-Hypothese:

Die Melatonin-Hypothese
Dieser Hypothese liegt der folgende physiologische Zusammenhang zugrunde: Melatonin, das Hormon der Zirbeldrüse, wird tagsüber durch das sichtbare Licht in seiner Produktion und Ausschüttung gebremst, sodaß nachts eine höhere, nämlich ungebremste Melatoninausschüttung und damit auch höhere Melatoninblutspiegel als tagsüber vorliegen. Im Detail:

Teil I der Melatonin-Hypothese besagt, daß elektromagnetische Felder jedweder Frequenz auf dem gleichen anatomischen Verbindungsweg wie das sichtbare Licht, nämlich dem Tractus retino-hypothalamicus, auf die Zirbeldrüse bremsend wirken könnten.

Teil II dieser Melatonin-Hypothese beinhaltet, daß es sich beim Melatonin um eine tumorhemmende Substanz handle, also um einen Stoff des körpereigenen Abwehrsystems.

Wenn auch im nicht sichtbaren Bereich befindliche elektromagnetische Felder - ähnlich dem sichtbaren Spektrum - die Melatoninausschüttung reduzieren können (Teil I), dann müßten solche Felder auch in der Lage sein, den hypothetischen Tumorhemmer Melatonin (Teil II) zu hemmen und damit indirekt die Neigung eines Organismus zur Tumorbildung zu begünstigen.

Der Wittener Versuch zur Melatonin-Hypothese beim Menschen
Zur Überprüfung der Melatonin-Hypothese am Menschen wurden in Witten die nächtlichen Melatoninspiegel gesunder Probanden unter dem Einfluß eines zirkulär polarisierten magnetischen 50-Hz-Wechselfeldes untersucht. Zirkulär polarisierte Felder wurden von uns deshalb verwendet, weil Kato in Japan nur bei dieser Feldkonstellation bei Ratten von einer dezenten melatoninsenkenden Wirkung berichtete, die bisher nicht reproduziert werden konnte.

Im Wittener Labor schliefen freiwillige gesunde Probanden jeweils zwei Nächte in einem Spulendreieck (Durchmesser der Spulen: 180 cm). Die magnetische Flußdichte im Zentrum der drei Spulen, also im Bereich des Kopfes und damit der Zirbeldrüse, betrug 96 Mikrotesla. Es war im Blindversuch sichergestellt, daß in je einer Nacht das zirkulär polarisierte 50-Hz-Magnetfeld eingeschaltet wurde und in der anderen Nacht ausgeschaltet blieb, ohne daß der Proband darüber informiert wurde. In beiden Nächten wurden jeweils um 22.00 Uhr, 2.00 Uhr und 6.30 Uhr Blutproben entnommen und der Melatoningehalt des Blutes bestimmt.

Ergebnisse
Im Ergebnis zeigte sich, dass die Melatoninwerte in den beiden Nächten bei ein- und derselben Versuchsperson nicht signifikant verschieden waren. Vor allem traten unter Feldeinfluß keine erniedrigten Melatoninblutspiegel auf, was bei einer Gültigkeit der Melatonin-Hypothese für den menschlichen Organismus zu erwarten gewesen wäre. Das bedeutet: Es ergab sich bisher kein Anhalt, der die Melatoninhypothese für den menschlichen Organismus untermauert.

Die Gültigkeit dieser Hypothese für den Menschen, die ursprünglich für das Nagetier postuliert wurde, konnte somit am Zentrum für Elektropathologie der Universität Witten/Herdecke bei einer extrem niederfrequenten Feldfrequenz von 50 Hz ebensowenig bestätigt werden wie von den US-amerikanischen Physiologen Graham und Cook (Kansas City), die mit einer Feldfrequenz von 60 Hz arbeiteten.

Diskussion
Da die in der Elektrotherapie verwendeten Frequenzen zum niederfrequenten Bereich zählen, lassen sich Rückschlüsse von den Versuchsergebnissen mit 50 bzw. 60 Hz (extremely low frequency (ELF) fields) auf die biologische Wirkung elektromedizinischer Frequenzbereiche ziehen: Da ELF-Felder bisher keine melatoninsenkende Wirkung am Primaten bzw. Menschen zeigten, ist dies auch für elektrotherapeutische Frequenzbereiche nicht zu erwarten und auch bisher nicht belegt.

Auf die aktuelle internationale wissenschaftliche Literatur zur Wirkung von elektrotherapeutischen Verfahren und damit Frequenzbereichen auf den Melatoninstoffwechsel wird im Vortrag eingegangen werden.

Eine Erklärung für die offensichtliche Diskrepanz zwischen den Versuchsergebnissen zur Gültigkeit der Melatoninhypothese am Nagetier einerseits (Kato, Sapporo; Löscher, Hannover) und am Menschen andererseits (unsere Ergebnisse und Graham, Kansas City) könnte folgendermaßen aussehen:

Nagetiere wie Ratten und Mäuse sind nachtaktive Lebewesen und besitzen ein im Vergleich zum Menschen, der als Vertreter der Primaten tagaktiv ist, unterschiedliches Hormonsystem und Hormonverteilungsmuster sowie unterschiedliche Tages-, Monats- und Jahresrhythmen der Hormonausschüttung. Es liegt also der Schluß nahe, daß gerade Versuchsergebnisse, die sich auf das Hormonsystem (endokrines System) beziehen, nicht oder nur mit großer Einschränkung auf den Menschen übertragen werden können.

Schlussfolgerung
Die Gültigkeit der Melatonin-Hypothese für den Menschen, die ursprünglich für das Nagetier postuliert wurde, konnte am Zentrum für Elektropathologie der Universität Witten/Herdecke bei einer extrem niederfrequenten Feldfrequenz von 50 Hz ebensowenig bestätigt werden wie von den US-amerikanischen Physiologen Graham und Cook (Kansas City), die mit einer Feldfrequenz von 60 Hz arbeiteten. Somit scheint auch durch elektrotherapeutische Niederfrequenzapplikation keine Wirkung auf den Melatonin-Stoffwechsel beim Menschen zu erfolgen.

Literatur

  1. David, E.; J. Reißenweber, M. Pfotenhauer: Biologische Wirkung von Niederfrequenzfeldern. In: Sicherheit im elektromagnetischen Umfeld, - Hans-Jürgen Haubrich - VDE-Verlag GmbH, Berlin/Offenbach - 1990; S. 47 - 63;
  2. David, E.; Reißenweber, J.; Peier, D.: EMVU, die EMV für den Menschen: Über die Wirkungen elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder auf den Menschen. Elektrie, Berlin 48, (1994) (7), S. 261 – 270;
  3. David, E.; J. Reißenweber: Risiko elektrischer und magnetischer Felder. Nervenheilkunde 1998; 17: 369-377;
  4. Reißenweber, J.; E. David,; J. Fachner: Elektrische und magnetische Felder und ihre biologischen Wirkungen im Nieder- und Hochfrequenzbereich. Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie mit Beiträgen zur Umweltmedizin (1996), Nr. 6, S. 206-219;
  5. Reißenweber, J.; R. David; E. David; M. Pfotenhauer;C. Gehlen:
    Plasma melatonin levels in healthy volunteers exposed to circularly polarized magnetic 50 Hz flux densities of 100 microtesla and in patients suffering from electromagnetic hypersensitivity. Abstract Book of the Annual Review of Research on Biological Effects of Electric and Magnetic Fields from the Generation, Delivery and Use of Electricity, San Diego, California, USA, November 9 – 13, 1997,43 – 44;
  6. Reißenweber, J.; E. David; R. David; M. Pfotenhauer, S. Kentner:
    No significant influence of weak circularly polarized magnetic 50-Hz flux densities of 100 microtesla on nocturnal plasma melatonin levels in humans. Abstract Book of the Twentieth Annual Meeting of The Bioelectromagnetics Society, St. Pete Beach, Florida, June 7-11, 1998, 12;
  7. Reißenweber, J.; L. David; S. Kentner; M. Schüßler; E. David:
    Morning plasma melatonin levels (PMLs) in female mammary tumor patients versus healthy volunteers. Abstract Book of the Annual Review of Research on Biological Effects of Electric and Magnetic Fields from the Generation, Delivery and Use of Electricity, Tucson, Arizona, USA, September 13 - 17, 1998,59 – 60;

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Ergreifende Gedanken – Funktionelle Elektrostimulation und Brain-Computer Interface

R. Rupp (1), G. R. Müller-Putz (2), R. Scherer (2), G. Pfurtscheller (2,3), H. J. Gerner (1)

(1) Stiftung Orthopädische Universitätsklinik II, Schlierbacher Landstr. 200a, 69118 Heidelberg, Deutschland
(2) Laboratory of Brain-Computer Interfaces, Technische Universität Graz
(3) Ludwig Boltzmann Institut für Medizinische Informatik und Neuroinformatik, Technische Universität Graz, Inffeldgasse 16a, 8010 Graz, Österreich

Kontakt: Email

EINLEITUNG

Ein bisher unerfüllter Wunschtraum in der Rehabilitation von komplett Querschnittgelähmten besteht darin, wenigstens einen Teil der infolge Trauma oder Erkrankung zerstörten Nervenbahnen des Rückenmarks ersetzen zu können. Obwohl in den letzten Jahren einige medikamentöse Verfahren zur Förderung Neuroregeneration in Tierversuchen Erfolg versprechend getestet wurden, ist unklar, ob und in welchem Umfang beim Menschen die Verbindung zwischen Gehirn und den Erfolgsorganen wiederhergestellt werden kann [Schwab2004]. Im klinischen Umfeld besteht zurzeit die einzige Möglichkeit zur – wenn auch begrenzten - Funktionswiederherstellung in der Anwendung der Funktionellen Elektrostimulation (FES) in Form von Neuroprothesen. In den letzten Jahren konnten sich vor allem Systeme zur Verbesserung der Greiffunktion bei tetraplegischen Patienten mit einer Schädigung des Halsmarks etablierten. Besonders mit implantierbaren Systemen, wie dem Freehand System, kann ein hoher Alltagsnutzen für die Betroffenen erreicht werden [Rupp2004].

Alle Neuroprothesen zur Verbesserung der Greiffunktion setzen voraus, dass noch genügend Bewegungsfunktionen (z.B. der Schulter) zur Steuerung des Systems erhalten sind. Stehen diese Restfunktionen - wie im Falle einer sehr hohen Rückenmarkschädigung - nicht mehr ausreichend zur Verfügung, dann bestehen beim aktuellen Stand der Technik nur wenige, aus Patientensicht akzeptable Möglichkeiten der Steuerung. Seit kurzem werden bei schwerstgelähmten Patienten (Locked-in-State) so genannte Brain-Computer Interfaces (BCI) als Kommunikationshilfe eingesetzt [Neuper2003]. Man nutzt hierbei das Phänomen, dass spezifische Areale im Motorkortex nicht nur bei der Ausführung, sondern bereits bei der Vorstellung einer Bewegung aktiviert werden. Diese Bewegungsvorstellungen können aus dem Elektroenzephalogramm (EEG) bestimmt und zur Steuerung z.B. einer Schreibhilfe verwendet werden. Es stellte sich nun die Frage, Inwieweit dieses Prinzip auch für eine direkte „Gedanken“-Steuerung der FES der Hand geeignet ist.

MATERIALIEN UND METHODEN

Bei einem tetraplegischen Patienten A (31 Jahre, traumatische Querschnittlähmung 04/1998, inkomplett unterhalb C4, komplett unterhalb C6) mit erhaltener Ellenbogenbeugung, aber fehlender willkürlicher Aktivierung der Hand- und Fingermuskulatur wurde über eine 3-kanalige Oberflächenstimulation ein Schlüsselgriff (Lateralgriff) erzeugt, mit dem flache Gegenstände (Gabel, Stift etc.) zwischen flektierten Langfingern und flektierendem Daumen festgehalten werden können. Hierfür kam ein kommerzieller, mikrokontroller-basierter Elektrostimulator (Microstim 8, Krauth & Timmermann) zum Einsatz, in den spezielle Stimulationsmuster für die Erzeugung der Greifphasen „Handöffnung“ - „Fingerschließung“ - „Daumenbeugung“ implementiert wurden.. Für die Realisierung des BCI Realisierung wurde das EEG bipolar von 2 Goldelektroden 2,5cm vor und hinter den Positionen C3 (rechte Handregion) und Cz (Fußregion) abgeleitet. Die Signale wurden im Frequenzbereich 0,5 bis 30 Hz verstärkt und anschließend digitalisiert. Danach erfolgte eine patientenindividuelle Bandpassfilterung (15-19 Hz), Gleichrichtung, Mittelung und zuletzt eine Logarithmierung. Bei Überschreitung einer Mindestschwelle der Bandleistung wurde ein Triggerpuls generiert, welcher die sequentielle Weiterschaltung zur nächsten Greifphase auslöst. Die Festlegung der Triggerschwelle erfolgte empirisch aus dem Verhältnis der Bandleistungen von Ruhe- und Bewegungsvorstellungsintervallen.

Ein zweiter Patient B (46 Jahre, traumatische Querschnittlähmung 12/1996, komplett unterhalb C5) mit vollständiger Lähmung von Hand und Finger wurde im Jahr 2000 mit einer Freehand Neuroprothese (Neurocontrol Corp.) versorgt. Hierdurch wurde eine alltagstaugliche Wiederherstellung eines Schlüssel- und Zylindergriffs möglich. Für die Kopplung des standardmäßig über Bewegungen der kontralateralen Schulter gesteuerte Freehand Systems mit einem BCI-basierten „Brain-Switch“ wurde das ursprünglich analoge Greifschema auf drei Greifphasen beschränkt. Im Falle von Patient B wurde das BCI-Training zu Hause vorgenommen, wodurch für die Gesamtinstallation des Systems einschließlich des Trainings nur 3 Tage zur Verfügung standen. Die EEG-Ableitung und Verarbeitung erfolgte analog zu Patient A, wobei die Signale von den Positionen C4 (Region der linken Hand) und Cz (Fußregion) abgegriffen wurden.

ERGEBNISSE

Patient A hatte über einen Zeitraum von 4 Monaten während eines speziellen Trainingsprogramms gelernt, über Fußbewegungsvorstellungen selbstständig Bursts im Beta-Band des EEG zu generieren. Besonders erwähnenswert ist, dass der Computer des BCI diese Bursts mit annähernd 100%-iger Sicherheit und quasi ohne Verzögerung erkennen kann. Das BCI versetzt damit Patient A in der Lage, die mittels FES erzeugten Greifphasen selbständig weiterzuschalten und damit Aufgaben des täglichen Lebens, wie z.B. das selbständige Trinken aus einem Glas, auszuführen.

Patient B hat über die 3 Tage Trainingszeit erste Schritte in Richtung einer „Gedankensteuerung“ seiner Freehand-Neuroprothese vollzogen. Der Patient aktivierte den „Brain-Switch“ über die Vorstellung von Bewegungen seiner linken Hand. Bei einer Erkennungsrate von 70% war die Steuerung allerdings insofern robust, als dass keine „falsch-positiven“ Umschaltvorgänge ausgelöst wurden.

DISKUSSION UND SCHLUSSFOLGERUNGEN

Im Rahmen dieser Einzelfallbeobachtungen konnte nachgewiesen werden, dass eine “Gedanken“-kontrollierte Steuerung einer Neuroprothese nicht nur bei FES-Systemen mit Oberflächenelektroden, sondern auch bei dem implantierbaren Freehand System realisiert werden kann. Somit sind wir dem Wunschtraum einer „Überbrückung“ der Rückenmarkschädigung mit technischen Hilfsmitteln ein wesentliches Stück näher gekommen. Allerdings ist die Anzahl der steuerbaren Freiheitsgrade ebenso wie die erzielte Befehlswiederholrate bei EEG-basierten BCIs gering. Auch die Trainingszeiten sind für eine klinische Routineanwendung derzeit (noch) zu lang. Allerdings stellt die BCI-Steuerung eine interessante Perspektive für die Zukunft dar, die durch Einführung von implantierbaren Elektroden zur epi- oder intrakortikalen Ableitung erhebliche Verbesserungen hinsichtlich der Zahl der Freiheitsgrade und der Trainingszeiten mit sich bringen wird.

LITERATURHINWEISE

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Elektrotherapie in der Pädiatrie

Autor: Klaus Vogedes, Physiotherapeut
Klinik: Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf, Schule für Physiotherapie
Adresse: Kirchfeldstr.38, 40217 Düsseldorf

Gegen Vorurteile und Unkenntnisse muss die Elektrotherapie in allen Fachdisziplinen ankämpfen, besonders in der Pädiatrie ist dies deutlich zu spüren.

Unseren kleinen Patienten eine Behandlung mit Strom angedeihen zu lassen wird vielfach als gefährlich oder belastend angesehen, während man andererseits Medikamente oder Techniken einsetzt die massive Nebenwirkungen haben oder in ihren Wirkungen umstritten sind.

Warum also nicht in der Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen die Elektrotherapie einsetzen? Gerade bei akuten Sportverletzungen sind schnellwirkende elektrotherapeutische Maßnahmen angezeigt. Warum soll ein Verfahren welches bei Erwachsenen unumstritten ist bei unseren Nachwuchssportlern falsch sein?

Immer mehr Kinder leiden unter chronischen Erkrankungen und müssen über einen längeren Zeitraum Schmerzmedikamente einnehmen. Hier bieten die TENS Geräte eine nebenwirkungsfreie Alternative.

Bei motorischen Störungen gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten stimulierend einzugreifen. Sowohl die peripheren als auch die zentralen Paresen können mit unterschiedlichen Therapiezielen elektrotherapeutisch angegangen werden. Dabei ist festzuhalten, dass dies nicht als Konkurrenz zu anderen physiotherapeutischen Techniken zu sehen ist, sondern als verstärkende oder begünstigende Therapie.

Der Einsatz des Myo- oder Biofeedback geht hier in die gleiche Richtung. Die Begeisterung mit der Kinder mitmachen wenn es darum geht einen Smiley zum Lachen oder Stofftiere zum Schwanzwedeln zu bringen lässt sich kaum beschreiben. Mit ein paar kleinen Tricks ist eine kindgerechte Therapie schnell ermöglicht.

Neben den klassischen Einsatzgebieten gibt es noch eine Vielzahl von seltenen Krankheitsbildern von Asthma bis Inkontinenz in denen die Elektrotherapie eingesetzt werden könnte.

Welche Stromformen, welche Dosierung und welche Elektrodenanlagen haben sich bewährt? Wo sind die Grenzen der Elektrotherapie und was speziell muss bei Kindern und Jugendlichen beachtet werden?

Da in der Regel nicht allzu viele Patienten zu Verfügung stehen kann noch nicht mit großen Studien aufgewartet werden sondern es muss an Hand von Einzelfallbeispielen gezeigt werden was die Elektrotherapie vermag.

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