Inhalt der ZEE 1/2002
- Die Schmerztherapie mit TENS
(R. Pothmann) - Elektromagnetische Felder – Grundlagen, Nebenwirkungen, Elektrosmog
(E. David, J. Reißenweber) - Untersuchungen zur muskulären Belastungswirkung der elektrischen Stimulation (kurz- und längerfristige Effekte) – Voraussetzung für einen optimalen therapeutischen Einsatz
(H. Kuppardt, D. Appelt, K. Bartonietz, H. Böhme, H. Buhl, I. Kanzler, G. Kleibert, M Paerisch, S. Pieper)
Die Schmerztherapie mit TENS
R. Pothmann
Kinderneurologisches Zentrum am ev. Krankenhaus Oberhausen, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Essen
Zusammenfassung
Bereits die Ägypter bedienten sich der Elektrizität von Fischen, um schmerzhafte Erscheinungen der Gicht zu lindern. Im 19. Jahrhundert ließ sich elektrischer Strom zu kurzzeitiger Analgesie eingesetzen. Aber erst die Schmerzforschung der 60er Jahre dieses Jahrhunderts und speziell die Publikation der Gate-Control-Theorie von Melzack und Wall schuf die Voraussetzungen für das neurophysiologische Verständnis der Stimulationsanalgesie. Diese Entwicklung fiel auch in eine Zeit, in der dank der Mikroelektronik handliche Taschenstimulatoren hergestellt werden konnten. Seit Mitte der 70er Jahre ist TENS auch in Deutschland eingeführt und hat in nahezu allen schmerztherapeutischen Institutionen Eingang gefunden.
Monophasischer Batteriestrom von 10–50 mA Stärke, über schmerzenden Arealen, Nerven oder Segmenten mit Hilfe von Gummielektroden angelegt, interferiert dabei mit dem C-Faser-vermittelten Organschmerz. Das Therapieoptimum wird nach einer Einwirkzeit von 20–40 Minuten erreicht. TENS sollte ein- bis viermal am Tag für mindestens vier Wochen durchgeführt werden, bevor eine Therapieresistenz angenommen werden kann. Zusätzlich müssen verschiedene Elektrodenpositionen und mindestens zwei Stromfrequenzbereiche (2–5 Hz und 30–100 Hz) ausprobiert werden. Die besten Indikationen sind bei perakuten und chronischen Schmerzen des Bewegungsapparates gegeben. Aber auch Spannungskopfschmerzen, Sympathische Reflexdystrophie, Phantom- oder Geburtsschmerzen gehören zum Einsatzspektrum von TENS. Das therapeutische Ansprechen liegt anfangs durchschnittlich bei 50–60 % und sinkt im weiteren Verlauf über 1–2 Jahre um 10–30% ab.
TENS hat zwischenzeitlich auch im Kindesalter eine zunehmende Bedeutung erlangt und wird im späten Kleinkindalter etwa ab dem fünften Lebensjahr einsetzbar. Das Spektrum schmerzbesetzter Indikationen ist im Vergleich zum Erwachsenen eingegrenzt und gut überschaubar. Darüberhinaus läßt sich das Verfahren zur Hypalgesie bei bestimmten schmerzhaften Eingriffen wie Lumbalpunktionen nutzen. Das prophylaktische Ansprechen liegt bei ca. 90 %. Die besten therapeutischen Ergebnisse werden bei Spannungskopfschmerzen erzielt (80 %). TENS wird von Kindern überwiegend gut aufgenommen und läßt sich gut in das bekannte Erfahrungsrepertoire (Walkman) integrieren.
Das methodisch erklärbare Behandlungsergebnis wird durch die emanzipatorische Anwendungsmöglichkeit (und Notwendigkeit) zu Hause unterstützt. Seit 1987 ist TENS als Krankenkassenleistung abrechenbar (EBM 425). Als günstigste Handhabung hat sich das Mietmodell erwiesen, wobei ein Gerät zunächst für einen Monat, und bei klinischem Ansprechen in 3-Monatsintervallen rezeptiert wird.
Schlüsselwörter: Transkutane elektrische Nervenstimulation, TENS, Schmerzbehandlung, Indikationen
Elektromagnetische Felder – Grundlagen, Nebenwirkungen, Elektrosmog
E. David, J. Reißenweber
Institut für Normale und Pathologische Physiologie mit Zentrum für Elektropathologie der Universität Witten/Herdecke
Zusammenfassung
Elektromagnetische Felder und ihre vermeintlichen biologischen Wirkungen befinden sich seit gut 20 Jahren in der öffentlichen Diskussion hochindustrialisierter Staaten. Dabei standen zu Beginn die niederfrequenten (insbesondere auch 50-Hz-)Felder der Anlagen unserer öffentlichen Stromversorgung im Mittelpunkt. Seit wenigen Jahren werden auch hochfrequente Felder, wie sie im Rahmen der Telekommunikation Anwendung finden, beschuldigt, gesundheitliche Effekte zu bewirken. Das Thema der biologischen Feldwirkungen hat gegenwärtig drei wesentliche Schwerpunkte:
- die Suche nach biologischen Wirkungsmechanismen von nieder- und hochfrequenten elektromagnetischen Feldern;
- die Erforschung des hypothetischen Krankheitsbildes der Elektrosensibilität/Magnetosensibilität;
- die Erforschung der Wirkung nieder- und hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf medizintechnische Implantate;
- Reizwirkungen bestätigen Schwelleneffekte und nicht Dosiswirkungen;
- Hochfrequenzfelder zeigen Wärmewirkungen, die durch die Thermoregulation bis zu bestimmten Wärmemengen kompensiert werden können;
- Epidemiologische Studien zeigen keinen statistisch gesicherten Zusammenhang zwischen EMF und Krebs;
- Bei der Elektrosensibilität sind vermeintliche Einflüsse auf die Melatoninproduktion- und ausschüttung noch offen;
- Die Ergebnisse der Forschung finden auch Eingang in die Grenzwert-Diskussion und Grenzwertfindung auf europäischer Ebene;
Schlüsselwörter: die Melatonin-Hypothese, athermische Wirkungen, Elektrosensibilität, psychologische Faktoren im Rahmen biologischer Feldeffekte, epidemiologische Studien, elektrische und magnetische Feldeffekte auf medizinische Implantate, Mediensensibilität
Untersuchungen zur muskulären Belastungswirkung der elektrischen Stimulation (kurz- und längerfristige Effekte) – Voraussetzung für einen optimalen therapeutischen Einsatz
H. Kuppardt, D. Appelt, K. Bartonietz, H. Böhme, H. Buhl, I. Kanzler, G. Kleibert, M Paerisch, S. Pieper
Johannesbad Reha-Kliniken AG, Bad Füssing und ehemaliges Forschungsinstitut für Körperkultur und Sport, Bereich Sportmedizin und Biowissenschaften
Zusammenfassung
In der vorgelegten Arbeit wurden unterschiedliche Experimente zur EMS zugrundegelegt. Untersucht wurden sowohl akute EMS-Wirkungen als auch Anpassungseffekte nach einer EMS-Applikation mit längerfristiger Anwendung.
Es wurde 24 Stunden nach einer 10-minütigen Stimulation ein Anstieg der Creatinkinase um 121 % ermittelt, die Kraftwerte waren im Vergleich zu den Ausgangsuntersuchungen noch bis zu 20% reduziert.
Durch die elektrische Reizung über vier Wochen konnte eine Verbesserung der Muskelkraft um etwa 30 % erreicht werden.
Mit dem Einsatz der EMS gelang es, erhöhte Lipid- und Lipoproteinparameter zu reduzieren. Dies konnte anhand von Vergleichsuntersuchungen mit Ausdauer- und anderen Therapieformen belegt werden.
Es gelang der Nachweis, daß bei Mängeln in der Umfangs- und Intensitätsrelation bezüglich der applizierten Muskelstimulation Fehlanpassungen nicht auszuschließen sind.
Die vorgelegten Ergebnisse lassen den Schluß zu, daß mit der EMS eine intensive Wirkung auf kontraktile Strukturen hervorgerufen werden kann. Das betrifft sowohl akute als auch längerfristige Veränderungen unterschiedlicher Funktionssysteme, Erkenntnisse, die bei der Anwendung der elektrischen Reizung in der physikalischen und rehabilitativen Medizin Beachtung finden sollten.
Schlüsselwörter: elektrische Muskelstimulation, Creatinkinase, Anpassung, Kraft, Stoffwechsel, Ermüdung